leichte Weißweine
Willi Schedlmayer | 23. Juli 2010Hell in der Farbe, grazil im Duft, nicht zu stark im Geschmack: luftig also – und bekömmlich, wenn sie nicht zu sauer sind (was oft eine Frage des Jahrgangs ist). Wenn wir in Österreich alle Weine, die mit Industrie-Hefen vergoren wurden, wegstellen, bleibt nicht einmal ein Prozent übrig. Hiervon der kleinste Teil kommt aus biologisch-dynamischem Gartenbau – und dennoch sind diese Weine erstaunlich preiswert. Die reine Freude! Auch die leichten und frischen Weißweine verbessern sich über einige Monate und sind oft im Jahr nach der Füllung am besten.
Ich habe hier aber auch leichte Weißweine aus Österreich mit hereingenommen, die sich über einige Jahre deutlich verbessern.
Noch mehr gilt das für die französischen Weine dieser Kategorie. Die Säure ist oft kräftiger, aber schön und reif – der Duft etwas verhaltener, der Geschmack nicht unbedingt intensiver, aber gleichsam mit mehr Körper.
Der leichte Sommerwein, der nach diesem Sommer schon nicht mehr ganz so gut schmeckt, fehlt hier ganz. Aber es gibt ihn – beim Winzer: den Liter für 1,80 (bei Ruff z.B. in der Umgebung von Hollabrunn) .. in einer kleinen Runde zu trinken, im Kastanienschatten, laut Gedichte von Kramer lesend! Schade nur, dass diese Weine meist zu stark geschwefelt sind, immer die gleichen Zuchthefen zur Anwendung kommen. Ich habe darum anderes anzubieten, leicht .. und nicht nur für den einen Sommer.
Karo verdanke ich das hübsche Wort vom “leeren Wein” - es ist der Wein, der dem Wässrigen am nächsten ist: hell, sehr hell, fein duftig, aber so fein, dass er schon fast wieder neutral ist, die Säure nicht zu spitz – ein Wein, der den Durst etwas verunsichert, so süffig ist er.
Einen wirklich typischen “leeren Wein” hab ich derzeit nicht, am nächsten kommt ihm:
Grüner Veltliner
2009 Söllner Gösing/Wagram: Wogenrain – ausverkauft
leicht traubige Note, dahinter hell und klar der Bodenton – unter 12% Alkohol; sortentypisch, mit feiner Säure, wird sich auch gut entwickeln (und immer weiter weg vom “leeren” Wein, so ist das eben).
Die folgenden Weine sind leicht, aber erstaunlich aromenstark – dicht und lebendig. Einige werden noch Jahre brauchen, bis sie sich voll entfalten.
Grüner Veltliner
2010 Wimmer-Cerny Fels/Wagram Wagramterrassen.
Der Wein ist schön leicht – und trotzdem intensiv .. und er hat eine fabelhafte Säure; schon in der Farbe weist er über seine Kategorie hinaus, im Geschmack .. und die Säure gibt ihm den Stempel des gelungenen Bio-Weines. Wird sich über einige Jahre gut entwickeln und auch mit noch intensiveren Aromen harmonisch bleiben.
Roter Veltliner
2009 Wimmer-Cerny Fels/Wagram
Immer noch leicht im Alkohol entzieht sich dieser Wein mühelos allen Kategorien – er ist weniger “gschmackig” als der Grüne Veltliner, wirkt in der Säure mild .. und hat es wahrlich in sich. Feinster Trinkfluss – ein Wein mit dem man, optimale Lagerung vorausgesetzt, noch in 10-15 Jahre seine Freude haben wird!
Riesling
2009 Wimmer-Cerny Fels/Wagram
Ich nehme auch diesen Wein noch zu den leichten herein, weil eben Weine mit weniger Alkohol selten eine derartige Klasse haben – er wird sicher im Herbst gut sein, spielt seine Vorzüge erfahrungsgemäß aber erst im Alter von 4-8 Jahren aus (tendiert aber dann zu einem extraktsüßen Ton).
Burgund
2011 Aligoté – Guy Chaumont
2008 Hautes Côtes de Nuits, Les Plançons – Patrick Hudelot
Der Aligoté ist das reine Glück im Glas: Jetzt – trinke; und das schöne: er hält das über einige Jahre; derzeit jugendlich, leicht im Alkohol, intensiv im Geschmack, modellhafte Säure – eine Säure, die noch schöner und reifer ist als das, was uns Österreich schenkt. Ich bin parteiisch, ich bin verliebt: in Burgund!
Der Hautes Côtes – natürlich Chardonnay – kommt da ganz anders daher: fast unnahbar sauer. Jahr und Gegend – und nicht entsäuert eben. Kompromisslos. Im Duft: doch einige Verführungen! Im Mund: .. mineralisch! Und letztlich ein Wein, der alles Angepasste beiseite läßt und in etwa 10 Jahren mit Sicherheit harmonischer und dann vielleicht auch beeindruckender sein wird.
Rhône
2009 Valrèas – Domaine de la Grande Bellane
hier, im Süden, kann “leicht” auch bedeuten, dass der Wein 13% Alkohol hat. Hier reift Wein eben süßer aus, hat, wenn er physiologisch reif ist, mehr Zucker in der Traube. Der Valrèas ist ein Grenache blanc – weich und mollig, wenn auch ganz trocken – der 2007er wird in diesem Jahr noch ausgetrunken (er ist jetzt sehr schön)
Provence
2006 Blanc de Blancs – Domaine Richeaume
Mit viel Fingerspitzengefühl wird auf Domaine Richeaume der Weißwein rechtzeitig geerntet: damit er nicht zu schwer wird. Und so hat er eine erfrischende aber reife Säure und entwickelt nach einigen Jahren ein dichtes Aroma – wunderbar!
Ein leichter Ugni blanc aus dem Südwesten Frankreichs, ein Gros Plant von der Loire, ein Muscadet .. ein Sauvignon aus der Touraine, ein Picpoul de Pinet, der beim Wachsen aufs Mittelmeer schaut .. an einem warmen Tag wie heute rinnt mir das Wasser im Munde zusammen, wenn ich daran denke. Zu schweigen von den Weinen aus Savoyen oder einem einfachen Chasselas, oder eben doch einem weißen Beaujolais, einem leichten Chablis, einem Mâcon, einem St. Peray, einem Loin-de-l’oeil. Was für ein Delir und wozu: wenn ich nichts davon herzugeben habe? Der eine oder andere wird schon noch kommen!
Der leichte Wein ist für den Winzer eine Tugendübung, die nicht allzuoft gelingt. Zu viele säuerliche, zu laute und unharmonische Weine werden angeboten. Dabei brauchen wir den guten leichten Wein wirklich: nicht nur im Sommer, wir brauchen ihn alle Tage. Ich aber bin nicht ausgerüstet, um Jungwein frisch zu vertreiben – so wähle ich letztlich immer die Weine, die sich auch über Jahre noch verbessern.